Wie kann Inklusion im Alltag aktiv gestaltet werden? Welche digitalen Lösungen helfen dabei, Menschen mit Behinderungen mehr Teilhabe und Selbstbestimmung zu ermöglichen? Louisa Radtke, Fachkraft für Quartiers- und Teilhabegestaltung beim Stift Tilbeck, gibt spannende Einblicke in ihre Arbeit. Besonders am Herzen liegt ihr die digitale Teilhabe: Durch barrierefreie Informationen und digitale Lösungen will sie Menschen dabei unterstützen, selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. In diesem Interview spricht sie über ihren Werdegang, ihre Motivation und ihre ersten Schritte in dieser wichtigen Aufgabe.
1. Stellen Sie sich und Ihren persönlichen und fachlichen Hintergrund bitte kurz vor. Wie sind Sie zu dieser Aufgabe der Quartiers- und Teilhabegestaltung gekommen?
Hallo, mein Name ist Louisa Radtke, ich bin 26 Jahre alt und komme ursprünglich aus der schönen Lüneburger Heide. Wie ich nach Münster und zu der Stelle als QTG-Kraft gekommen bin, erzähle ich kurz:
Nach meinem Schulabschluss habe ich eine duale Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin in Rotenburg (Wümme) absolviert. Während der Ausbildung habe ich in jedem Ausbildungsjahr in verschiedenen Bereichen der Eingliederungshilfe fachliche Erfahrungen sammeln können, von der Schule über die Tagesförderstätte bis hin zur Wohngruppe. Nach meinem Abschluss trat ich eine Stelle bei der Evangelischen Stiftung Alsterdorf an, wo ich mit Menschen mit herausfordernden Verhaltensweisen gearbeitet habe. Dort war ein Schwerpunkt meiner Arbeit die Sozialraumorientierung, insbesondere die Organisation und Umsetzung von Dienstleistungen in der Nachbarschaft und Region.
Um meine fachlichen Kompetenzen weiter auszubauen, habe ich mich für ein Studium der Heilpädagogik entschieden, das ich im Winter 2020 in Münster begonnen und Anfang 2024 erfolgreich abgeschlossen habe. Während meines Studiums habe ich in einer Kindertagesstätte gearbeitet. In der gesamten Ausbildungszeit konnte ich viele praktische Erfahrungen sammeln.
Nach einer befristeten Anstellung im Rahmen einer Krankheitsvertretung habe ich mich im Herbst 2024 auf die Stelle der Quartiers- und Teilhabegestaltung beim Stift Tilbeck beworben. Die Ausschreibung sprach mich besonders an, da ich bereits während meines Studiums an einer Exkursionswoche zum Thema Sozialraumorientierung teilgenommen hatte und mich diese Perspektive sehr motiviert hat.
2. Was erhoffen Sie sich von Ihrer Arbeit? Was ist Ihre Motivation (Hoffnung, Wünsche)?
Ich wünsche mir, einen aktiven Beitrag zu einem inklusiven Leben zu leisten. Mein Ziel ist es, Wege zu schaffen, die Menschen mit Behinderungen vielfältige Teilhabemöglichkeiten bieten.
Für mich bedeutet Teilhabe vor allem, dass Menschen mit Behinderung Entscheidungen für ihr eigenes Leben treffen können. Meine Aufgabe sehe ich darin, Angebote und Informationen zugänglich zu machen – ob digital oder im direkten Kontakt –, damit die Klient:innen auf einer guten Grundlage ihre eigenen Entscheidungen treffen können.
Es ist mir wichtig, dass Teilhabe nicht als Verpflichtung, sondern als Möglichkeit verstanden wird. Klient:innen sollen frei entscheiden können, ob sie ein Angebot wahrnehmen oder nicht. Gleichzeitig möchte ich dazu beitragen, dass sie nicht auf die Hilfe von Mitarbeitenden angewiesen sind, sondern durch digitale Lösungen und klar strukturierte Informationen mehr Selbstbestimmung erleben.
Indem wir den Menschen die richtigen Werkzeuge und Informationen an die Hand geben, können wir sie ermutigen, selbstständig aktiv zu werden – sei es, um an einer Veranstaltung teilzunehmen oder einfach, um ihren Alltag besser zu organisieren. So verstehe ich meinen Beitrag zur Förderung von Inklusion und Eigenständigkeit.
Meine Motivation ist es, Barrieren abzubauen und Begegnungen zwischen unterschiedlichen Lebenswelten zu fördern. Wenn es gelingt, durch meine Arbeit mehr Verständnis und Offenheit zu schaffen, betrachte ich das als großen Erfolg.
3. Was sind die Ziele, was soll erreicht werden? Wo sehen Sie sich und das Projekt in 2 Jahren?
Mein Ziel ist es, Informationen, Kontakte und Ressourcen so zu bündeln und aufzubereiten, dass sie allen Beteiligten zugänglich und nutzbar werden – sei es für die Klient:innen, das Team vom Stift Tilbeck oder andere Bereiche der Eingliederungshilfe.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der digitalen Teilhabe. Viele Klient:innen verfügen bereits über Smartphones oder Tablets, und ich möchte diese Ressource nutzen, um barrierefreie Informationen bereitzustellen. Gemeinsam mit dem Kollegen vom Stift Tilbeck für digitale Teilhabe und unterstützte Kommunikation arbeite ich daran, eine Plattform aufzubauen, die nicht nur über stationäre Bildschirme, sondern auch über mobile Geräte zugänglich ist.
In zwei Jahren hoffe ich, dass das Team und die Mieter:innen „angekommen“ sind, Beziehungen gefestigt wurden und Routinen entstanden sind. Ich vermute, dass meine Arbeit dann noch stärker gefragt sein wird, da sich der Bedarf in einer etablierten Struktur konkretisiert.
4. Womit fangen Sie an? Was sind Ihre ersten Schritte, was machen Sie konkret in den nächsten Wochen?
Zu Beginn habe ich mich intensiv mit den bestehenden Konzepten auseinandergesetzt. Mein erster Schritt war es, die Mieter:innen in persönlichen Gesprächen kennenzulernen und ihre Interessen und Wünsche zu ermitteln. Darauf aufbauend habe ich die ersten Recherchen gestartet, um herauszufinden, welche Angebote im Sozialraum Roxel und Umgebung existieren.
In den nächsten Wochen konzentriere ich mich auf folgende Aufgaben:
- Einarbeitung in das digitale Programm zur Erstellung einer Plattform für Informationen.
- Aufbau von Kontakten zu lokalen Akteur:innen und Netzwerken.
- Begehungen im Quartier.
- Befragungen der Mieter:innen, um weitere Bedarfe zu ermitteln.
- Erstellung eines Veranstaltungskalenders.
Parallel tausche ich mich regelmäßig mit den Kolleg:innen und Klient:innen aus, um sicherzustellen, dass die Angebote und Projekte ihren Bedürfnissen entsprechen.