Mehr Chan­cen für geför­der­ten Wohnungsbau

Bodo Strototte (li.) im Gespräch mit LWL-Direktor Matthias Löb bei der SeWo-Auftaktveranstaltung 2018. Foto: SeWo/Arendt

Das Land NRW hat zum 1. März 2019 die neu­en Wohn­raum­för­de­rungs­be­stim­mun­gen (kurz WFB) für 2019 ver­öf­fent­licht. Dazu gehört eine Stei­ge­rung der Bewil­li­gungs­mie­ten, vor allem in den unte­ren Miet­stu­fen, so dass der geför­der­te Woh­nungs­bau auch im länd­li­chen Raum stär­ker unter­stützt wer­den soll, sagt Bodo Stro­tot­te im Inter­view. Zudem wur­den die Grund­pau­scha­len je Qua­drat­me­ter Neu­bau in allen Miet­stu­fen ange­ho­ben und höhe­re Til­gungs­nach­läs­se in den Miet­stu­fen 1 und 2 gewährt. Dem­ge­gen­über ste­hen wei­ter­hin die stark gestie­ge­nen Bau­kos­ten, die die Wirt­schaft­lich­keit belas­ten und die Kal­ku­la­ti­on von Bau­vor­ha­ben zum Risi­ko wer­den las­sen, erläu­tert der Geschäfts­füh­rer der SeWo gGmbh.

Wie ist die Finanzierung der 15 SeWo-Wohnprojekte im Rahmen des 10-Millionen-Programms des LWL aufgebaut?

Die zehn Millionen Euro stellt der LWL für verschiedene Aufgaben zur Verfügung: Für das Projektmanagement und die wissenschaftliche Begleitung des Projektes, die Finanzierung verschiedener Fachtagungen und Workshops zu Technik und Quartiersmanagement sowie rund 1 Mio.€ für die Arbeit der Quartiers- und Teilhabegestaltenden (QTG), die in allen Projekten für durchschnittlich zwei Jahre tätig werden sollen. Für die eingebaute Technik bleibt ein Betrag von ungefähr 7,5 Mio. Euro übrig. Insgesamt schätzen wir, dass wir 26 bis 32 Mio. Euro benötigen, einschließlich des Grunderwerbs.

Wo kommen die restlichen Gelder her?

Wir wollen Fördermittel des Landes NRW einsetzen und Darlehen am Kreditmarkt aufnehmen. Die Investitionen werden anschließend durch die Mieten getilgt, die in den Folgejahren über die Grundsicherung der Mieterinnen und Mieter gedeckt werden. Mit diesem Modell haben wir momentan allerdings mit zwei Herausforderungen zu kämpfen: Mit der immensen Steigerung der Baukosten und der Wirtschaftlichkeit, wenn es um die erwartbaren Mieten geht.

Kommen wir zuerst zu den Kosten für die Errichtung der Gebäude. Wie haben sich die Kosten in den vergangenen Jahren verändert?

Wegen der andauernden Niedrigzinsphase steigen die Kosten stetig an. Im Vergleich zum ersten 10-Millionen-Bauprogramm der Jahre 2008 bis 2013 sind die Preise um etwa 30 Prozent gestiegen, von durchschnittlich 2.200 auf aktuell ca. 2.800 bis 3.000 €/m². Ein Ende der Kostensteigerungen ist aktuell nicht in Sicht. Zudem ist es momentan schwierig, überhaupt Baufirmen und Handwerker zu bekommen, was jeder bestätigen kann, der privat bauen oder sanieren möchte.

Und was hat es mit den Mieten auf sich?

Das ist ein sehr komplexes Thema. Jede Kommune in Nordrhein-Westfalen hat eine eigene Mietstufe, wobei 1 die niedrigste und 4 die höchste ist. Entsprechend dieser Einstufung beträgt die Miete nach den neuen Förderbestimmungen zwischen 5 Euro und 6,20 Euro pro m² monatlich. Von unseren geplanten Projekten befinden sich ein Projekt in Mietstufe 1, sechs Projekte in Mietstufe 2, sechs Projekte in Mietstufe 3 und zwei Projekte in Münster, für das es neben nachgefragten und hochpreisigen Städten wie Bonn, Köln und Düsseldorf einen erhöhten Satz gibt. Gerade in den unteren Mietstufen ist es aber weiterhin schwierig. Wir begrüßen ausdrücklich die Erhöhung der Bewilligungsmieten in den Mietstufen 1 und 2, sehen aber, dass gegenüber den oberen Mietstufen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nach wie vor schlechter sind. So sind in den unteren Mietstufen nicht nur die Förderpauschalen und Tilgungsnachlässe geringer, sondern die Zinsbelastung ist auch höher.

Lassen sich demnach Projekte in Städten oder Kreisen mit höheren Mietstufen leichter realisieren?

Grundsätzlich ja. Schauen wir aber auf Städte wie Münster oder Dortmund spielen die hohen Grundstückspreise eine große Rolle. Das Bauen für eine Zielgruppe wie Menschen mit Behinderungen, die oft von Sozialhilfe leben, ist dort zumindest im Stadtzentrum bzw. attraktiven Lagen kaum machbar.

Fangen das die besonderen Förderdarlehen für rollstuhlgerechten Wohnraum und behindertengerechten Ausbau nicht auf, die die NRW.BANK gewährt?

Nein. Es gibt zwar einen hohen Tilgungsnachlass von 50 Prozent. Dennoch sind diese zusätzlichen Förderdarlehen nicht wirtschaftlich, weil für den beim Investor verbleibenden Anteil, der natürlich auch verzinst und getilgt werden muss, keine zusätzliche Miete gewährt wird. So führen diese zusätzlichen Investitionen für den behindertengerechten Ausbau zu einer zusätzlichen Belastung und einer Verschlechterung der Rendite.

Wie kann die Finanzierung aus Ihrer Sicht doch gewährleistet werden?

Dank der Erhöhung der Bewilligungsmieten wird die Finanzierungslücke kleiner, insofern ist es richtig, engen Kontakt über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen mit der NRW.BANK zu halten und gegenüber der Politik zu kommunizieren. Ich sehe aber die Notwendigkeit, auch in den unteren Mietstufen die Förderpauschalen und die Tilgungsnachlässe zu erhöhen. Weiterhin müssen auch hier die Finanzierungskonditionen denen der Mietstufen 3 und 4 angepasst werden, so dass auch hier die Förderdarlehen die ersten zehn Jahre zinsfrei gewährt werden.

Gibt es noch weitere Möglichkeiten?

Ja, wir können auch mit den Kommunen über die Zahlung höherer Mieten für unsere Zielgruppe der Menschen mit Behinderungen mit hohen Unterstützungsbedarfen verhandeln, weil die Kommunen in der Regel selbst keinen Wohnraum für diese Zielgruppe anbieten können und Investitionen in geförderten Wohnungsbau langfristig positive Effekte auch für die Kommune hat. Zudem wären gute Beispiele der Zusammenarbeit auf dem Weg in eine inklusivere Gesellschaft zu erzielen. In diesem Fall kann man aber die Wohnbauförderung nicht in Anspruch nehmen, sondern muss das gesamte Bauvolumen ohne öffentliche Förderung finanzieren. Kommunen haben aber gegebenenfalls die Möglichkeit, über Bundesmittel für „dauerhaft Erwerbslose“ Gelder in Anspruch nehmen zu können, die für die Lücke zwischen ortsüblicher Miete/Grundsicherung und der höheren Miete durch baulichen und technischen Standard entstehen.

 

Hier finden Sie die Wohnraumförderungsbestimmungen NRW 2019 (PDF).