Doku­men­ta­ti­on des Fach­fo­rums “Bar­rie­ren über­win­den — Per­spek­ti­ven für den Woh­nungs­bau für Men­schen mit Behinderungen”

Fachforum am 28.09.2023

Neue Visi­on für das Woh­nen für Men­schen mit Behin­de­run­gen sind erfor­der­lich, um den Still­stand im Woh­nungs­bau zu überwinden

Wer eine bar­rie­re­freie, güns­ti­ge Woh­nung sucht, der braucht Geduld. Die Kos­ten­stei­ge­run­gen im Bau­ge­wer­be ver­zö­gern Neu­bau­pro­jek­te, gleich­zei­tig fal­len mehr Sozi­al­woh­nun­gen aus der Preis­bin­dung. Dies ver­schärft den ohne­hin schon ange­spann­ten Woh­nungs­markt für Men­schen mit Behin­de­rung zusätz­lich. Der Neu­bau von Woh­nun­gen ist vie­ler­orts ins Sto­cken gera­ten, obwohl die Nach­fra­ge nicht zuletzt durch die Zuwan­de­rung groß ist. Wie groß der Bedarf gera­de in Hin­blick auf Men­schen mit Behin­de­run­gen tat­säch­lich ist, das soll­te für West­fa­len-Lip­pe eine Stu­die des Pest­el-Insti­tuts im Auf­trag des LWL ermitteln.

Das Ergeb­nis ist ernüch­ternd: In vie­len Krei­sen und kreis­frei­en Städ­ten hat sich das Ver­hält­nis von Ange­bot und Nach­fra­ge auf den Woh­nungs­märk­ten deut­lich ver­schlech­tert: Der Man­gel an bezahl­ba­rem Wohn­raum nimmt zu. Wie die aktu­el­le Stu­die des Pest­el-Insti­tuts zeigt, sind von den neu­en Eng­päs­sen auf den Woh­nungs­märk­ten beein­träch­tig­te Men­schen, die selbst­stän­dig woh­nen und leben möch­ten, beson­ders betrof­fen. Es fehlt bedarfs­ge­rech­ter und bezahl­ba­rer Wohn­raum für Men­schen mit Behin­de­run­gen. Wohn­raum, der eine ech­te Alter­na­ti­ve zum Wohn­heim oder Leben im Eltern­haus ermög­licht. Mat­thi­as Gün­ther vom Pest­el-Insti­tut erläu­ter­te, dass der Bestand an Sozi­al­woh­nun­gen mit Miet­preis­bin­dun­gen in Nord­rhein-West­fa­len seit 2010 um 92.000 Woh­nun­gen (17 Pro­zent) zurück­ge­gan­gen ist: Sin­ken­de Sozi­al­woh­nungs­be­stän­de tref­fen auch im LWL-Gebiet auf eine zuneh­men­de Zahl armuts­ge­fähr­de­ter Haus­hal­te und damit auch Men­schen mit Behinderungen“.

Die­se Her­aus­for­de­rung wur­de im Fach­fo­rum „Bar­rie­ren über­win­den — Per­spek­ti­ven für den Woh­nungs­bau für Men­schen mit Behin­de­run­gen“ am 28. Sep­tem­ber in Müns­ter auf­ge­grif­fen. Gemein­sam mit rund 100 Ver­tre­tern der Frei­en Wohl­fahrts­pfle­ge, Ver­bän­den, Kom­mu­nen und poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen wur­den Per­spek­ti­ven für die Zukunft des Woh­nungs­baus für Men­schen mit Behin­de­run­gen dis­ku­tiert. Eins wur­de sehr deut­lich: Das The­men­feld ist sehr kom­plex, da vie­le Akteu­re bei die­sem The­ma gefragt sind.  Ein wei­te­res Pro­blem ist, dass vie­le Ziel­grup­pen auf den sozia­len Woh­nungs­bau ange­wie­sen sind und die Bedar­fe von Men­schen mit Behin­de­rung nur sel­ten im Fokus stehen.

Mar­kus Leß­mann, Lei­ter der Abtei­lung Sozia­les beim Minis­te­ri­um für Arbeit, Gesund­heit und Sozia­les NRW beton­te, dass die Umset­zung des Bun­des­teil­ha­be­ge­set­zes, der Woh­nungs- und Fach­kräf­te­man­gel und die öffent­li­che Finanz­la­ge gro­ße Her­aus­for­de­run­gen dar­stel­len und for­der­te „eine neue gemein­sa­me Visi­on für das Woh­nen für Men­schen mit Behin­de­run­gen, die alle zur enga­gier­ten Koope­ra­ti­on motiviert“. 

Johan­nes Chud­zi­ak, Sozi­al­de­zer­nent des LWL beton­te: „Die Her­aus­for­de­run­gen im Woh­nungs­bau benö­ti­gen gemein­sa­me Anstren­gun­gen und Fle­xi­bi­li­tät, um bedarfs­ge­rech­te Pla­nun­gen vor­an­zu­trei­ben und pas­sen­de Ange­bo­te zu schaffen“.

Til­man Fuchs, Sozi­al­de­zer­nent des Krei­ses Stein­furt wies ergän­zend dar­auf hin, dass die Woh­nungs­not ein grund­sätz­li­ches Pro­blem aller armuts­ge­fähr­de­ter Ziel­grup­pen sei, Kom­mu­nen aber stär­ker auch Men­schen mit Behin­de­run­gen bei der Pla­nung in den Blick neh­men müssen.

Hen­drik Hoff­jann, Lan­des­ar­beits­ge­mein­schaft Freie Wohl­fahrts­pfle­ge NRW, stell­te fest, dass eine Ange­bots­ent­wick­lung im Woh­nen auch die Leis­tungs­er­brin­ger ein­be­zie­hen müs­se, damit auch die Unter­stüt­zung der Men­schen sicher­ge­stellt wer­den kön­ne, unab­hän­gig davon, wie das Wohn­an­ge­bot aussehe.

Ins­ge­samt wur­de deut­lich, dass die Her­aus­for­de­run­gen im Woh­nungs­bau für Men­schen mit Behin­de­run­gen nur gemein­sam bewäl­tigt wer­den kön­nen. Die Teil­neh­men­den der Podi­ums­dis­kus­si­on signa­li­sier­ten ihre Bereit­schaft, die­sen Pro­zess aktiv zu gestal­ten und sich in die Ent­wick­lung von Per­spek­ti­ven einzubringen.

Die Ver­an­stal­tung wur­de fil­misch doku­men­tiert. Durch das Kli­cken auf die Bil­der gelan­gen Sie zu den ver­schie­de­nen Vor­trä­gen (mit Wei­ter­lei­tung zu YouTube).