„Ziel ist für mich immer, ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen“

QTG-Kraft Lena Ostholt (Foto privat)

Lena Ostholt ist seit Februar dieses Jahres die Quartiers- und Teilhabegestalterin für das SeWo-Wohnprojekt in Sassenberg. Durch ihren vorherigen Arbeitsbereich im Caritasverband Kreis Warendorf kennt sie das SeWo-Programm sowie einige zukünftige Mieter:innen schon ganz gut. 9 Monate nach dem ersten Arbeitstag als QTG-Kraft zieht Lena die erste Bilanz.

Lena, was waren die ersten Tätigkeiten, die du als QTG-Kraft unternommen hast?

Meine ersten Tätigkeiten liegen mittlerweile schon 9 Monate zurück. Da ich in Sassenberg aufgewachsen bin und bis zu meinem 19 Lebensjahr dort gewohnt habe, kenne ich mich natürlich schon gut aus.

Angefangen hat aber trotzdem alles mit einer Sozialraumanalyse und Quartierserkundungen im näheren Umfeld des SeWo-Hauses, die ich zunächst alleine und dann in den folgenden Monaten immer wieder mit mehreren Mieter:innen durchgeführt habe. Ich bin in Kontakt mit dem Altenzentrum, dem Kindergarten und dem Pfarrheim getreten.

Wichtig war mir vor allem auch der regelmäßige Austausch und Kontakt mit den Mieter:innen. Zunächst habe ich in Einzelgesprächen Wünsche, Interessen und Hobbys für das selbstständige Wohnen in Sassenberg erfahren, aber auch Fragen beantworten können zu gegebenen Angeboten.

Welche Aufgaben machen dir besonders spaß, welche sind besonders herausfordernd?

Freude bereiten mir vor allem die Kontakte und Unternehmungen mit den zukünftigen Mieter:innen. Es macht Spaß gemeinsam Sassenberg kennenzulernen und den Prozess der Vorfreude mitzuerleben. Anfänglich gab es viele Unsicherheiten und das Wohnen schien sehr weit weg für die Mieter:innen. Mittlerweile ist fast nur noch eine große Aufregung und Freude erkennbar, vereinzelt aber verständlicherweise auch Bauchgrummler.

Als Herausfordernd empfinde ich es, meinen verschiedenen Rollenanforderungen sowie den dazugehörigen Aufgaben und Tätigkeiten gerecht zu werden. Neben der QTG Stelle, arbeite ich als Mitarbeiterin des Ambulant Betreuten Wohnens unseres Dienstes mit und betreue auch außerhalb des Projekts Klient:innen. Dazu kommen noch organisatorische Aufgaben für das Projekt. In erster Linie möchte ich immer als zuverlässige Ansprechpartnerin für die Mieter:innen und Familien gelten, dies ist oft aber gar nicht so leicht. Da fast alle Mieter:innen von Zuhause das erste Mal ausziehen, gibt es seitens der Familien natürlich auch einige Fragen, Unsicherheiten und Anforderungen. Der Druck allem gerecht zu werden, fordert mich dann manchmal ganz schön heraus.

Welche Ausbildung bringst du mit und wie hilft sie dir bei deiner täglichen Arbeit?

Nach meinem FSJ an einer Förderschule in Warendorf, habe ich zunächst eine Ausbildung als Heilerziehungspflegerin in Münster absolviert. In dieser Zeit konnte ich bereits ein Gefühl für verschiedenen Personengruppen sowie Herausforderungen der täglichen Arbeit im sozialen Bereich erfahren.

Direkt im Anschluss an die Ausbildung habe ich ein Studium zur Rehabilitationspädagogin an der TU Dortmund begonnen und den Bachelor Anfang 2021 erfolgreich abgeschlossen. Neben dem Studium habe ich parallel in einem Wohnheim der Eingliederungshilfe für Menschen mit psychischen Erkrankungen gearbeitet, um neben der Theorie des Studiums nie die Praxis aus den Augen zu verlieren.

Der Mix aus Ausbildung, Arbeit und Studium hat mir immer ein komplementäres Bild ermöglicht. Theorien konnten angewendet, aber auch oft verworfen werden, da der Alltag oft anders aussieht, als er gelehrt wird.

Als Rehabilitationspädagogin beschäftigt man sich mit Methoden, Fähig- und Fertigkeiten von verschiedenen Personengruppen in unterschiedlichen Kontexten und Arbeitsfeldern. Im Fokus geht es vor allem um die Eröffnung von Teilhabemöglichkeiten und der Nutzung von Ressourcen, also genau das, was ich auch als meine QTG Aufgabe in Sassenberg ansehe. Ziel ist für mich immer, ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Das ist es, was ich mir für die Mieter:innen wünsche und bei dem ich sie unterstützen möchte.

Welche Ziele hast du dir für dein erstes Jahr als Quartiers- und Teilhabegestalterin vorgenommen?

Das größte Ziel ist für mich das Wohlbefinden der Mieter:innen in Sassenberg. Es soll sich schon etwas ausgekannt werden im näheren Quartier, sodass sich auch Wege und Erledigungen selbstständig zugetraut werden. Wichtig ist mir aber auch, dass die Menschen in Sassenberg aufmerksam auf das neue Haus und die neuen Einwohner:innen werden.

Einige zukünftige Mieterinnen und Mieter kennst du bereits länger durch deine Arbeit bei der Caritas. Welche Stimmung nimmst du bei ihnen wahr?

Zurzeit ist die Stimmung vor allem euphorisch und ungeduldig. So kurz vor dem Einzug sind alle ganz kribbelig und freudig auf die eigenen Wohnungen und neugierig auf das Gemeinschaftsleben im Haus. Natürlich sind aber auch einige Unsicherheiten und Ängste erkennbar, da fast alle Mieter:innen von Zuhause das erste Mal ausziehen und ihren Großteil auf die Familie angewiesen waren.

Wie reagiert die Nachbarschaft auf euch und Konntest du bereits erste Netzwerke und Kontakte im Quartier knüpfen?

Bewusst haben wir noch nicht bei Nachbarn geklingelt und uns vorgestellt. Ich möchte demnächst aber gerne einen Flyer oder Brief rausgeben und die Nachbarschaft zur Einweihung einladen.

Im Quartier haben wir aber schon mit einigen Nachbarn auf der Straße zufällig gesprochen, die sich auf uns freuen.

Kontakt habe ich allerdings schon zum Altenheim und zum Pfarrheim aufgenommen. Auch beim Kindergarten habe ich schon kurz Hallo gesagt. Bisher habe ich nur positive Rückmeldungen seitens dieser Institutionen sowie Unterstützungsangebote erhalten sowie Kooperationen angesprochen.

Natürlich hört man als ehemalige Sassenbergerin auch ab und zu den kleinstädtischen Rundfunk, kritische Meinungen und Skepsis, aber eher bezüglich des Betreuungsbedarfs. Viele denken, dass ein klassisches Wohnheim gebaut wird und die Betreuung für den Bedarf der Mieter*innen nicht ausreichen wird.

Wenn du dir etwas für deine Arbeit wünschen könntest, was wäre das?

Ich würde mir vor allem eine offene und respektvolle Grundhaltung aller Beteiligten und Unterstützter meiner Arbeit wünschen. Auch ist es mir wichtig, dass Sassenberg weiter so offen für die Mieter:innen und unsere Arbeit bleibt.